Dr. Nikolaus Brauns arbeitet als freiberuflicher
Journalist u.a. für die Tageszeitungen „junge Welt“ und „Neues Deutschland“. Er
hat in der Vergangenheit wiederholt kritisch über die Arbeit der Münchner
Polizei sowie über rechtsextreme Umtriebe in Bayern berichtet.
Am 2.Juni 2005 befand sich Nikolaus Brauns im Auftrag
der „jungen Welt“ in der Gaststätte „Waldfrieden“ in München-Laim. Dort fand
zur gleichen Zeit ein Treffen der NPD zur Wahlkampfvorbereitung statt. An
diesem Treffen nahmen führende bayerische NPD-Mitglieder teil, u.a. der
Bezirksvorsitzende Roland Wuttke und der wegen gefährlicher Körperverletzung vorbestrafte Führer der „Kameradschaft
München“ Norman Bordin. Nikolaus Brauns beabsichtigte, über dieses Treffen zu
berichten und weitere Hintergründe zu recherchieren.
Im weiteren Verlauf betrat auch eine Gruppe von
Antifaschisten die Gaststätte und brachte ihren Protest gegen die Versammlung
der NPD zum Ausdruck. Es kam zur Auseinandersetzung mit den Rechtsextremisten.
Dabei gingen auch zwei Glasscheiben zu Bruch. Die Antifaschisten verließen
schon nach sehr kurzer Zeit den „Waldfrieden“ wieder. Nikolaus Brauns blieb
weiterhin dort und die eintreffende Polizeistreife nahm seine Personalien als
Zeuge auf.
In derselben Nacht wurde Nikolaus Brauns um 3 Uhr vor
seiner Wohnung von bereits seit mehreren Stunden wartenden Polizeibeamten in
Zivil festgenommen. In der nachfolgenden Vernehmung durch den Staatsschutz
wurde gegen Nikolaus Brauns der Vorwurf erhoben, der Organisator des
antifaschistischen Protests in der Gaststätte Waldfrieden gewesen zu sein. Die
Polizei wertet das als schweren Hausfriedensbruch und schweren Landfriedensbruch.
Selbst laut eigener Pressemitteilung stützt sich der Staatsschutz dabei auf die
Aussage eines stadtbekannten Rechtsextremisten.
Ohne richterlichen Durchsuchungsbeschluß wurde
Nikolaus Brauns Wohnung durchsucht. Angesichts der Tatsache, dass zwischen der
Auseinandersetzung im Waldfrieden und der Durchsuchung ca. acht Stunden
vergangen waren und somit genug Zeit zur Einholung einer richterlichen
Entscheidung bestand, widerspricht das Vorgehen von Staatsschutz und
Staatsanwaltschaft einschlägigen gerichtlichen Entscheidungen.
Bei der Durchsuchung wurden nahezu sämtliche
Arbeitsmittel des Journalisten Nikolaus Brauns beschlagnahmt: PC, Laptop,
Mobiltelefon, CDs, Disketten, Terminkalender, Notizbücher und weitere
schriftliche Aufzeichnungen. Diese Arbeitsmittel wurden bislang nicht
zurückgegeben und die technische Abteilung der Kriminalpolizei ist anscheinend
nicht in der Lage ein identisches Speicherabbild der Festplatte von Nikolaus
Brauns zu erstellen.
Nikolaus Brauns Arbeit als Journalist ist damit
erheblich erschwert: Vorbereitete Artikel können nicht mehr fristgerecht
fertiggestellt werden, Termine nicht wahrgenommen werden, Adressen und
Telefonnummern nicht mehr aufgefunden werden. Faktisch handelt es sich bei dem
Vorgehen des Staatsschutzes um ein halbes Berufsverbot durch die Hintertür. Es
drängt sich der Eindruck auf, hier soll ein kritischer Journalist zumindest
zeitweise mundtot gemacht werden. Nikolaus Brauns hatte sich bereits in der
Vergangenheit kritisch mit dem Schutz der Polizei für Naziveranstaltungen oder
dem polizeilichen Vorgehen bei Demonstrationen - z.B. aus Anlaß der
Sicherheitskonferenz - auseinandergesetzt.
Gleichzeitig wird Nikolaus Brauns auch in seiner
wirtschaftlichen Existenz schwer getroffen: Er hat bereits jetzt einen
beträchtlichen Verdienstausfall erlitten. Als Journalist ist Nikolaus Brauns
darauf angewiesen vertrauliche Informationen zu erhalten. Landen diese umgehend
beim Staatsschutz wird er in Zukunft von solchen Informationen abgeschnitten
sein. Die pauschale Beschlagnahme aller Aufzeichnungen von Nikolaus Brauns ist
auch in diesem Sinne ein Angriff auf die Pressefreiheit.
Durch seine engagierte Arbeit ist Nikolaus Brauns auch
in das Visier der Neonazis geraten. Schon seit längerer Zeit veröffentlicht
Roland Wuttke Steckbriefe bekannter Münchner Antifaschisten auf Flugblättern
und im Internet, darunter auch von
Nikolaus Brauns. Nun übernehmen die Münchner Polizeibehörden unkritisch
die Darstellung der Neonazis über den Vorfall im „Waldfrieden“. Dies hat Neonazis
bundesweit zu neuen und verstärkten Drohungen gegen Nikolaus Brauns ermutigt:
Auf Neonazi-Websiten wird offen darüber diskutiert sich zu bewaffnen und
Nikolaus Brauns zu überfallen.
Wir fordern daher die Münchner Polizei und
Staatsanwaltschaft auf:
–das Verfahren gegen Dr. Nikolaus Brauns sofort
einzustellen, da es lediglich auf den falschen Anschuldigungen stadtbekannter
Neonazis basiert
–unverzüglich alle beschlagnahmten Arbeitsmittel des
Journalisten Dr. Nikolaus Brauns zurückzugeben
–Schadensersatz für den Verdienstausfall von Dr.
Nikolaus Brauns zu leisten
–Richtigstellung der offenkundig falschen Aussagen der
Polizeipressestelle über Dr. Nikolaus Brauns gegenüber Presse und
Öffentlichkeit.
–Die Sicherheitsbehörden mögen erklären, wie sie
angesichts der offenen Drohungen gegen Dr. Nikolaus Brauns dessen
Unversehrtheit von Leib und Leben zu schützen gedenken.
Bitte richten Sie
Ihre Proteste an:
Staatsanwaltschaft
München I. PF 80997 München
Telefon:
089/5597-4828, Telefax: 089/55974131
Polizeipräsident Dr.
Wilhelm Schmidbauer
Polizeipräsidium
München
Ettstraße 2 80063 München
Tel.: 089/2910-0 Fax: 089/2910-4528
E-Mail: ppmuc@polizei.bayern.de
Kopien der Protestfaxe
und Solidaritätserklärungen bitte an E-Mail:
pressefreiheit2005@web.de
Dieser Aufruf wird unterstützt von:
Rote
Hilfe e.V., Redaktion „junge Welt“ und Verlag 8. Mai (Berlin); Regionalgruppe
Düsseldorf der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e.V;
Pahl-Rugenstein Verlag (Bonn); Deutscher Freidenker Verband e.V. Ortsverband
München; Redaktion Kurdistaninfo.com;
Deutsch-Kurdische Gesellschaft e.V.; Medienbüro für Menschenrechte e.V.
(Delmenhorst); Azadi – Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden in Deutschland
(Düsseldorf)