"Hitlers willige
Vollstrecker?"
Die Goldhagen Debatte
Selten
hat ein Geschichtsbuch eine so weitreichende Debatte ausgelöst, wie Daniel
Goldhages Untersuchung über den Holocaust. Der Dozent der amerikanischen
Harvard Universität hat sich zum Ziel gesetzt, die Motivation des
"normalen Deutschen" beim Massenmord an den europäischen Juden zu
ergründen. Die von vielen Historikern lediglich in abstrakten Zahlen
verkleideten Schrecken des Holocaust werden von Goldhagen in klaren Worten und
unmittelbar geschildert. Ein großer Teil seines Buches bringt neue Fakten über
die Beteiligung deutscher Polizisten, Soldaten und Zivilisten an den
ungeheuerlichen Greueltaten. Die Problematik des Buches besteht nicht in diesen
wissenschaftlichen Darstellungen, wenn auch die direkte Schilderung der
Mordtaten in den Augen vieler Seminarhistoriker zu lebendig erscheinen
mag. Problematisch ist vielmehr Goldhagens ideologische Grundlage. Wenn er es
auch abstreitet, wirft der Historiker hier wieder die bekannte Debatte um eine
angebliche Kollektivschuld aller Deutschen auf. Der Holocaust, so Goldhagen,
sei das logische Endprodukt einer speziellen deutschen Tradition des
Antisemitismus gewesen, der seit dem Kaiserreich die Masse der Deutschen
durchdrungen habe. Hieraus sei die Motivation zum Massenmord entsprungen. Die
Beteiligung normaler Deutscher sei nur durch den tief verwurzelten Judenhass zu
erklären, und nicht durch den Zwang der NS-Diktatur, ökonomische Hintergründe
oder psychologische Motive.
Goldhagens
Thesen sind im Grunde genommen nicht neu. Die Erklärung des Holocaust durch den
Antisemitismus allein ist ebenso alt, wie die These von der Kollektivschuld
aller Deutschen. Goldhagens Buch weist nach Angaben anderer Historiker zudem
einige wissenschaftliche Ungenauigkeiten und Fehler auf. Warum wird ein solches
Werk, ungeachtet von seinen tatsächlich neuen Erkenntnissen, so ein Erfolg?
Warum regt es eine hitzige Debatte in den USA und Deutschland an, die weit über
die Fachkreise hinausgeht? Goldhages Buch hat deswegen eine solche Verbreitung,
die andere ähnliche Werke in den letzten Jahren weit übertrifft, weil es zu
rechten Zeit kam. Die Beziehungen zwischen den USA und Deutschland sind auf
einem Tiefpunkt angelangt. Wenn die bürgerliche Presse ökonomische Rivalitäten
zwischen beiden Ländern mit der Schlagzeile "Krieg" verdeutlicht,
wenn ein härteres Vorgehen gegen die Scientology Sekte in Deutschland zu
heftigen Protesten von US-Parlamentariern führt und wenn selbst Außenminister
Kinkel von Spannungen zwischen beiden Ländern redet, wird das Zerwürfnis
offensichtlich. Eine soche Rivalität, auch wenn sie vornehmlich wirtschaftliche
Ursachen hat, wird auf allen Ebenen ausgetragen. Die kulturelle Ebene ist eine
davon. Hier kam Goldhagens Buch gerade recht, ließ sich in der
US-Öffentlichkeit doch so eine anti-deutsche Stimmung fördern. Einige
Besprechungen des Buches in den führenden Zeitungen der US-Bourgeosie und
Berichte in den monopol-eigenen Fernsehstationen verschaffen dem Buch eine
Publicity auf die selbe Weise, wie sonst Plattenneuerscheinungen von Rockstars
gezielt gefördert werden. Ein ähnlicher Fall war vor einigen Jahren der
Aufstieg von Robert Harris Roman "Vaterland". Der Roman, der die
fiktive Geschichte eines deutsch-beherrschten Europas nach einem Sieg Hitlers
beschreibt, wurde just zu einem Zeitpunkt in England populär gemacht, als es in
England schwere Verstimmungen über die Geldpolitik der Deutschen Bundesbank
gab.
Die
Reaktionen auf Goldhagens Buch folgten auch in Deutschland sofort. Noch bevor
die deutsche Übersetzung erschien, wurde die Goldhagen-Debatte in Deutschland
losgetreten. Die deutsche Bourgeoisie hatte erkannt, woher der Wind weht und
nahm den Kampf gegen Goldhagen auf. Ein Kampf, der letzlich ein Kulturkampf
zwischen Deutschland und den USA darstellt. Von rechter bis liberaler Seite
wird, teils mit offenem Antisemitismus, auf Goldhagen eingeprügelt.
Ausgerechnet die deutsche Vorzeigeliberale,
"Zeit"-Herausgeberin Marion Gräfin Dönhoff, sieht durch
Goldhagen den Antisemitismus in Deutschland erst wieder provoziert. Dies ist
die alte antisemitische These, wonach die Juden für ihre Anfeindung selber
verantwortlich seien. Und der Münchner CSU-Rechtsaußen Peter Gauweiler
beschimpft im "Bayernkurier" Goldhagen als "Volksverhetzer"
und "Rassisten" und er versucht nachzuweisen, daß der
"ökonomische Ertrag" durch das Buch über eine Millionen DM betrage.
Dies ist die alte faschistische These, wonach der Holocaust zur Geldmacherei
durch die Juden benutzt würde. Der "schwarze Peter" befindet sich
hier in bester bester Gesellschaft des braunen Franz Schönhuber.
Wenn
es auch absolut richtig ist, den Autor und sein Buch gegen solche Angriffe der
Reaktionäre in Schutz zu nehmen, dürfen Linke trotzdem nicht den Fehler
unkritischer Verteidigung machen. Gerade die sich selbst als
"Antinationale" bezeichnenden Gruppen um die Zeitschriften
"Bahamas" und "Konkret", Teile der Autonomen und
Stalinisten verteidigen die Kollektivschuldthese, zum Teil wesentlich offener
als Goldhagen selber. Das Problem an dieser unkritischen Haltung besteht darin,
daß so nur moralische Urteile gefällt werden, jedoch nichts erklärt wird und
erst recht keine brauchbare Strategie für den antifaschistischen Kampf heute
entworfen wird. Eine Kritik von links an Goldhagen ist notwendig, will die
Linke nicht in eine Sackgasse geraten und dieselben Fehler wiederholen, die
Hitler und den Holocaust erst ermöglichten.
Goldhagen
beschreibt die tatsächlich vorhandenen antisemitischen Strömungen und Parteien
im 19.Jahrhundert und der Weimarer Republik. Er setzt diese Bewegung allerdings
in kein Verhältnis zu den ebenfalls vorhandenen fortschrittlichen Kräften. Die
SPD wuchs im Kaiserreich schließlich zur Massenpartei heran, bis sie 1910 mit
110 Abgeordneten die größte Reichstagsfraktion stellte. Die Partei führte eine
breite Bewegung der Arbeiterklasse mit Gewerkschaften mit Millionenstärke, über
90 Tageszeitungen, Sportvereinen etc. an. Die Führer der SPD, August Bebel und
Wilhelm Liebknecht, hatten schon früh dem Antisemitismus den Kampf angesagt.
Als "Sozialismus der dummen Kerls" charakterisierte Bebel den
Antisemitismus mit seiner scheinbaren antikapitalistischen Demagogie. Goldhagen
versucht, die SPD in einen Kern von intellektuellen Führern, die tatsächlich
Gegner des Antisemitismus waren, und der Masse der Anhängerschaft zu spalten,
die Träger des Judenhasses gewesen wäre. Sicherlich gab es in der deutschen
Arbeiterbewegung auch Strömungen, die
für antisemitische Argumente anfällig waren. Doch ist es unglaubwürdig, daß die
Masse der Arbeiter judenfeindlich gewesen war, standen sie doch hinter
prominenten jüdischen Sozialistinnen und Sozialisten wie Rosa Luxemburg und
Karl Kautsky in der Führung der SPD und beriefen sich auf die Lehren des
gebürtigen Juden Karl Marx. Und die antisemitische Propaganda der Rechten
hetzte schließlich gerade gegen die "jüdischen Marxisten" der
Arbeiterbewegung.
Noch
im letzten Reichstag vor Errichtung der bonapartistischen Diktatur unter
Kanzler Brüning, die im Oktober 1930 das Ende der Weimarer Republik als
bürgerlicher Demokratie einläutete und schließlich 1933 Hitler die Macht
übergab, waren die linken Parteien stärker als die NSDAP. SPD und KPD hatten
zusammen 220 Abgeordnete, während der Block Hitlers und des antisemitischen
Großkapitalisten Hugenberg nur auf 150 Anhänger kam und die Regierung Brüning
ca. 200 Abgeordnete hinter sich hatte. Auch bei den folgenden Wahlen bis 1933,
die in einer Atmosphäre des Bürgerkriegs und der Straßenkämpfe stattfanden,
bekamen die Linksparteien noch beträchtliche Stimmen. Selbst im schon unter der
NS-Diktatur gewählten 8. Reichstag im März 1933 kam die KPD noch auf 81
Abgeordnete und die SPD auf 120 gegenüber 288 Faschisten der NSDAP. Diese
Zahlen sollen nur verdeutlichen, daß zwar zuletzt eine Mehrheit der Deutschen
hinter der NSDAP und anderen rechten, mehr oder weniger antisemitischen
Parteien stand, es allerdings immer noch eine Linke mit Millionen Anhängern
gab, die sich strikt von den Antisemiten abgrenzte. Die Linksparteien SPD und
KPD ermöglichten die Mehrheiten für die Rechten und Faschisten und die
Machtübernahme durch Hitler allerdings durch ihre Unfähigkeit, geeint gegen den
Faschismus anzugehen. Durch die verhängnisvolle Theorie von
"Sozialfaschismus" hatte die KPD die SPD zum Hauptfeind erklärt,
während die SPD-Führung rechte Politiker wie Reichspräsident Hindenburg als
"kleineres Übel" unterstützte, der schließlich Hitler an die
Regierung ließ. Eine kämpfende
Einheitsfront der Arbeiterparteien hätte nicht nur die Faschisten auf der
Straße stoppen können, sondern auch eine Vielzahl von Wählern der Rechten durch
ihre Stärke überzeugt und gewonnen. Nicht irgendein Antisemitismus in der
Arbeiterbewegung, den Goldhagen ausmachen will, sondern die falsche und
verbrecherische Politik der Führung von KPD und SPD ist der Anteil an der
Schuld am Faschismus, den die Arbeiterbewegung tragen muß. Viele Hundertausende
Sozialdemokraten und Kommunisten mußten für diese Fehler in den KZs ihr Leben
lassen, doch diese Opfergruppe wird von Goldhagen weitgehend ignoriert.
Eine
falsche, weil unmaterialistische Erklärung für den Holocaust ist auch
Goldhagens These, der Massenmord sei von Anfang an im Antisemitismus der
Deutschen angelegt und geplant gewesen. Sicherlich stand in der offiziellen
Propaganda der Faschisten der Kampf gegen das "Weltjudentum" im
Vordergrund. Doch war hier der Antisemitismus
Mobilisierungsideologie und nicht Selbstzweck oder gar Ursache. Mit
antisemitischer Demagogie und antijüdischen Pogromen versuchte die NSDAP nach
der Machtübernahme 1933, die Diskrepanz zwischen den antikapitalistischen
Wünschen ihrer im Wesentlichen kleinbürgerlichen Massenbasis und ihrer in
Wirklichkeit an den Zielen des Großkapitals orientierten Politik zu
überbrücken. Nicht gegen den Kapitalismus, wohl aber gegen eine scheinbar
existierendes "jüdisches Wucherkapital" wurde mobilisiert. Durch
permanente Propaganda, antijüdischen Aktionen, wie dem Boykott jüdischer
Geschäfte und später durch Pogrome wie in der sogenannten
"Reichskristallnacht" sollte die Bevölkerung für den lange gepanten
Krieg zu "blonden Bestien" erzogen werden. Stück für Stück wurde das
deutsche Volk an Grausamkeiten gewöhnt, zuerst als passive Zuschauer, später
als Beteiligte und sogar Profiteure wie bei der Enteignung jüdischen Eigentums.
Unter den Bedingungen der NS-Diktatur mit ihrer Nachtenzensur und Propaganda
wuchs natürlich auch der Antisemitismus in vormals nicht betroffenen Kreisen
der Arbeiterbewegung.
Nun
war der Antisemitismus die ideale Mobilisierungsideologie für den Krieg, mit
dem das deutsche Monopolkapital die Weltherrschaft anstrebte. Das
Universalfeindbild des "Juden", der einmal als "amerikanischer
Plutokrat", dann wieder als "russischer Bolschewist" dargestellt
wurde, konnte zum Krieg an allen Fronten Verwendung finden. In den Köpfen
fanatischer Nationalsozialisten stand die Vernichtung des Judentums wohl
tatsächlich im Vordergrund. Nur war dies nicht der wahre Kriegsgrund. Die Frage
ist vielmehr, warum diesen Fanatikern die Mittel, Waffen und Soldaten zur
Ausfährung ihres wahnsinnigen Planes überlassen wurden. Wenn die Rassenlehre
des Faschismus, seine antisemitische Ideologie fundamental unwissenschaftlich
und irrational war, so hatte es umso rationalere Gründe, daß diesen Kräften in
Deutschland die Macht überlassen wurde. Der Grund ist das Streben des deutschen
Monopolkapitals nach Weltgeltung, Beherrschung neuer Märkte und Unterwerfung
wichtiger Rohstoffquellen. Für diesen größenwahnsinnigen Plan benötigte man
willige Helfer, die als Soldaten mit größter Brutalität die Ziele des Kapitals
durchsetzten. Eine faschistische Massenbewegung verzweifelter Kleinbürger wurde
zum Schlag gegen die als "jüdisch-bolschewistisch" denunzierte Arbeiterbewegung,
SPD, KPD und Gewerkschaften gehetzt, bis diese völlig zerschlagen und
atomisiert war. Hatte das Kapital einmal im eigenen Land seine Gegner
vernichtet, wurde der Krieg gegen den Rest der Welt vorbereitet. Der
Antisemitismus half auch jetzt, die Massen zu mobilisieren.
Wenn
Goldhagen allerdings nur den lange im Volk verankerten "deutschen"
Antisemitismus als Ursache nimmt, kann er nicht erklären, warum dann auch
Angehörige anderer Völker ohne den angeblich spezifisch deutschen Judenhass als
Kollaborateure aus ganz Osteuropa willig und mit größter Grausamkeit am
Holocaust beteiligt waren. Auch kann Goldhagen nicht erklären, warum, wenn auch
im viel geringeren Masse als die Juden, dem Massenmord Millionen Sinti, Roma,
Polen, Homosexuelle und sowjetische Kommunisten zum Oper fielen.
Es
ist nicht irgendein deutscher Nationalcharakter, der für die Teilnahme am
Massenmord verantwortlich war. In diesem schrecklichen Fall waren es Deutsche,
die als Soldaten, Polizisten, Wärter und Zivilisten den Genozid betreiben. Doch
hat die ganze bisherige Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts gezeigt, daß,
wenn immer ein Regime einen Massenmord plante, niemals ein Mangel an Gehilfen
bestand. Ob es sich um Massenhinrichtungen von Eingeborenen in den Kolonien handelte, oder um Armenier, die
unter Mustafa Kemal zu Millionen ermordet wurden. Ob im Zweiten Weltkrieg
amerikanische und britische Piloten gesucht wurden, die Bomben auf Zivilisten
in Dresden und anderswo abwarfen, oder mit Atombomben Hunderttausende in Hiroshima
und Nagasaki auf einen Schlag töteten, niemals fehlte es an Männern, die sich
hierfür hergaben. Im jugoslawischen Bürgerkrieg mangelte es keiner Seite an
willigen Exekuteuren, Folterern und systematischen Vergewaltigern. Und die
Türkei hat keinen Mangel an Einsatzkommandos, die kurdische Dörfer verbrennen
und kurdischen Zivilisten die Köpfe abschlagen. Nicht nur "ganz normale
Deutsche", sondern ganz normale Menschen waren und sind es, die, auf Töten
und Foltern gedrillt, als Soldaten und Polizisten Massenmorde und Genocide
ausführen.
Die
Vernichtung der europäischen Juden ist durch ihre Planmäßigkeit und Dimension
in der Geschichte bisher einzigartig. Jeder Versuch, den Holocaust zu
relativieren, mit Verbrechen anderer Völker aufzurechnen muß zurückgewiesen
werden. Doch wenn wir die Einzigartigkeit dieses Verbrechens anerkennen, dürfen
wir nicht den Fehler machen und seine Unwiederholbarkeit auszuschließen. Wer,
wie Goldhagen, diesen Völkermord als Produkt einer speziell deutschen
antisemitischen Mentalität deutet, verdunkelt die Gefahr, die heute durch
Nationalismus und Rassismus droht.
In
Interviews vertritt Goldhagen, nach 1945 seien die Deutschen ein demokratisches
Volk geworden und vom Antisemitismus geheilt. Hier schlägt er in die selbe
Kerbe, wie viele bürgerliche Politiker. In Gedenkreden geben selbst Reaktionäre
wie Bundespräsident Roman Herzog eine Schuld "der Deutschen"
gegenüber dem jüdischen Volk zu, nach 1945 sei aber alles anders geworden.
Diejenigen Politiker, die mit ihren Asylgesetzten Flüchtlinge in Folter und Tod
ausliefern, Bundeswehrtruppen in alle Welt schicken und mit Waffenhilfe den
Völkermord am kurdischen Volk unterstützten, versuchen, die besondere
Verantwortung des deutschen Großkapitals am Holocaust zu verwischen. Es soll
vertuscht werden, daß daß selbe Kapital, das einmal Hitler finanzierte, an die
Macht ließ und den Holocaust erst ermöglichte, immer noch existiert. Es soll
ebenso vertuscht werden, daß eine Bundeswehr, die durch ehemalige
Wehrmachtsoffiziere und SS-Soldaten aufgebaut wurde und sich immer noch in der
Tradition der Nazitruppe sieht, momentan wieder zur weltweiten
Interventionsarmee aufgerüstet wird.
Deutsche
Soldaten marschieren schon wieder in Bosnien und Kroatien, wo sie einst
Gehilfen des Holocaust waren. In Deutschland brennen wieder Synagogen und
Ausländer werden auf der Straße gejagd. In anderen Staaten wie in Italien und
Frankreich bekommen faschistische Parteien Massenzulauf. Militärs aller
NATO-Staaten rüsten zu einem Kampf um die Neuaufteilung der Welt. Die von Rosa Luxemburg benannte Alternative
"Sozialismus oder Untergang in der Barbarei" ist aktueller den je.
Mit Goldhagens Theorien werden wir allerdings in einer Sackgasse landen. Sie
erklären weder die Vergangenheit, noch verhindern sie Ähnliches in der Zukunft.
Nick
Brauns
Buchtip: Abraham Léon: Die jüdische Frage. Eine marxistische
Darstellung, Essen 1995. Der Autor Abraham Léon hatte sich nach seinem Bruch
mit dem Zionismus 1940 der IV.Internationale angeschlossen und im Untergrund
antifaschistische Arbeit geleistet. 1944 ermordeten ihn die deutschen
Faschisten in Auschwitz. In seinem Buch erklärt er von einem matrialistischen
Standpunkt aus, weshalb sich die Juden als gesonderte gesellschaftliche
Gruppe in der Geschichte erhalten haben. Nicht in der jüdischen Kultur oder
Religion, sondern in ihrer Rolle in Wirtschaft und Gesellschaft liegt für
Léon die Erklärung. Jenseits von religiösen Mythen und Verschwörungstheorien
erklärt er die Wurzeln des Antisemitismus. |